Komma bei Infinitivgruppen
Heute möchte ich ein Thema behandeln, das für sehr viele Kommafehler sorgt, auch in renommierten Zeitungen und Zeitschriften. Gleich vorweg: Eine Infinitivgruppe liegt vor, wenn ein Satz einen Infinitiv (also die “Nennform”) und das Wörtchen zu davor enthält.
Die neue Rechtschreibung besagt, dass bei Sätzen mit Infinitivgruppen das Komma nur noch in drei Fällen obligatorisch ist – und zwar in den folgenden:
Fall 1: Die Infinitivgruppe wird mit als, [an]statt, außer, ohne oder um eingeleitet:
Er konnte nichts Besseres tun, als zu verreisen.
Ohne zu zögern, kaufte ich die Kamera.
Fall 2: Die Infinitivgruppe hängt von einem Substantiv im übergeordneten Satz ab:
Sie fasste den Gedanken, den Arbeitsplatz zu wechseln.
Er hat den Wunsch, seine handwerklichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
Der Dieb unternahm einen letzten Versuch, den Tresor zu knacken.
Fall 3: Die Infinitivgruppe wird durch ein hinweisendes Wort angekündigt oder wieder aufgenommen:
Hier bin ich dafür, sofort abzustimmen.
Anita liebt es, lange zu schlafen.
In allen anderen Fällen ist die Kommasetzung freigestellt:
Er versprach[,] den Text zu lernen.
Er hatte versprochen[,] die Blumen zu gießen.
Das gilt natürlich auch für längere Sätze – hier können Sie ein Komma setzen oder auch nicht:
Sie überlegt nach Australien oder vielleicht auch in die USA oder eventuell nach Kanada auszuwandern.
Sie überlegt, nach Australien oder vielleicht auch in die USA oder eventuell nach Kanada auszuwandern.
[...] Genauere Informationen über diese drei Fälle lesen Sie hier. [...]
[...] Frage der Kommasetzung bei Infinitivgruppen mit zu siehe bitte hier und hier. Allgemein, Groß-/Kleinschreibung Infinitiv, zu verkaufen, zum Mitnehmen var flattr_btn = [...]
Hallo Dagmar Jenner,
bisher finde ich es die besten Erklärungen zur Kommasetzung bei Infinitiven mit zu.
Für die Praxis finde ich die Erklärungen jedoch immer noch nicht griffig genug, s. Bsp. zu den Ausnahmen von der Kommasetzung bei nicht näher erklärten Substantiven.
Etwas verstehe ich aber nicht. Was haben so bekloppte Anglizismen wie Trackbacks/Pingbacks auf einer Seite zu suchen, die sich mit der deutschen Sprache beschäftigt? Diese Ausdrücke werden noch nicht mal auf leo.org erklärt. Also, welche Bedeutung haben diese Ausdrücke?
Hallo,
ich verfasse gerade ein Anschreiben.
Dabei ergibt sich ja immer das Problem, sich möglichst kurz zufassen. Daher möchte ich den nachfolgenden Satz auch nicht in zwei Sätze aufspalten.
Meine Frage ist nun, ob die Kommata richtig gesetzt sind?
Ich habe schon recht umfangreich die Grammatikregeln gegooglet; bin mir aber immer noch unsicher. Gleichrangige/nicht gleichrangige Adjektive, erweiterte Infinitivgruppe mit “es” eingeleitet und soweit.
Hier nun der Satz:
Während eines fünfmonatigen, interdisziplinären Projekts bei der Firma XY AG galt es zudem, eine Unique Selling Proposition im Team zu erarbeiten.
Ich habe irgendwie noch das Gefühl, dass nach “XY AG” auch noch ein Komma muss, oder?
Beste Grüße und vielen Dank für Hilfe
Karl
Hallo Karl,
zwischen “fünfmonatigen” und “interdisziplinären” würde ich kein Komma setzen. Nach “XY AG” hat ein Komma nichts verloren. Da zeigt sich wieder, dass Gefühl und korrekte Kommasetzung oft ein Widerspruch sind
LG
Dagmar
Hallo Karl,
weil sich dein Beispiel gut für eine Erklärung eignet, schreibe ich noch einen Kommentar.
Es zeigt, wie durch unterschiedliche Zeichensetzung die Bedeutung von Satzteilen sich ändern können oder auch wie stilistisch Einfluss genommen werden kann.
Die Frage ist, was du ausdrücken möchtest. Wenn du statt des ersten Kommas das Bindewort “und” verwendest erhält der Satzteil die Bedeutung, welche auch durch ein Komma angezeigt wird.
Willst du aber das “interdisziplinäre Projekt” näher beschreiben, dann darf kein Komma stehen.
Zur einfachen Erklärung, ob das zweite Komma stehen muss oder nicht, siehe den Kernsatz:
Während eines Projekts galt es (zudem) eine Proposition zu erarbeiten. Hinweis:
Es gilt/galt zu … -› also ohne Komma.
Vielen Dank für die Antworten.
Allerdings scheinen die Meinungen zu der Infinitivgruppe auseinander zugehen.
Dagmar würde das Komma nach “galt es zudem” stehen lassen, während Michael es entfernen würde.
Ich würde es auch stehen lassen wollen, da die Infinitivgruppe mit dem Hinweiswort “es” eingeleitet wird. Ob das jedoch so korrekt ist, ist mir immer noch nicht ganz klar.
Auch habe ich etwas Schwierigkeiten die Argumentation von Michael nachzuvollziehen.
Viele Grüße
Karl
Das Komma nach “galt es” muss bleiben, und zwar genau aus dem von dir erwähnten Grund.
LG
Dagmar
Nochmals vielen Dank für die Hilfe.
Beste Grüße
Karl
Hallo Dagmar,
Ich habe die Kommaregel im Grunde genommen verstanden, aber wie verhält es sich bei zwei “Infinitiv mit Zu”-Konstruktionen, die mit einem “und” verbunden sind?
Beispielsatz 1:
Die Patienten sind deutlich zuversichtlicher, ihr Problemverhalten beeinflussen zu können, und zeigen Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
Ist hier das Komma vor “und” richtig?
Beispielsatz 2:
Im XY-Stadium mobilisieren Patienten ihre Ressourcen, um ihr Verhalten zu modifizieren(,) und ihre Probleme zu überwinden.
Auch hier geht es um das Komma vor dem “und”. In diesem Fall beziehen sich “zu modifizieren” und “zu überwinden” beide auf “Ressourcen”.
Vielen Dank und viele Grüße,
Tobi
[...] auch Infinitivgruppen genannt, über die ich bereits mehrfach geschrieben habe (etwa hier und hier) in Verbindung mit [...]
Hallo Tobi,
lange hat’s gedauert, aber ich habe deine Fragen hier beantwortet:
http://www.neue-rechtschreibung.net/2013/01/09/knifflige-kommafragen/
LG
Dagmar