Rote Karte für den Fussball
Leute mit grundlegenden Kenntnissen über die neue deutsche Rechtschreibung werden bei diesem Beitrag vermutlich die Augen verdrehen. Doch ihr würdet kaum glauben, wie viele Leute heutzutage *Fussball anstelle von Fußball schreiben!
Deshalb für all jene, denen diese Schreibweise dann doch irgendwie spanisch vorkommt und sie folglich googeln, anbei die neue Regelung zur ss-/ß-Schreibung im Überblick – das Ganze ist wirklich denkbar einfach.
Nein, das ß wurde nicht abgeschafft. Es muss weiterhin stehen, und zwar nach langem Vokal und nach Doppellaut. Vokale sind wohlgemerkt a, e, i, o, u. Die gängigsten Doppellaute: au, eu, ei, ai, äu. Beispiele: Fußball, Grüße, reißen, Maß, heißen etc. Wo nach kurzem Vokal die Entscheidung zwischen ss und ß ansteht, lautet die Entscheidung immer: ss! Beispiele: Kuss, müssen, Bewusstsein, lassen, Wissen etc.
In diesem Sinne wünsche ich entspanntes Fußballspielen ohne rote oder gelbe Karte. Zum Thema Fußballspielen vs. *Fußball Spielen vs. *Fußball-Spielen gibt’s diesen Beitrag hier.
Die häufige Falschschreibung beim “Fußball” haben wir unter anderem der FIFA zu verdanken, die sich “FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010″ in genau dieser Schreibweise als Marke hat schützen lassen. Was aus FIFA-Sicht kein Fehler ist, da die Organisation in der Schweiz sitzt, wo es bekanntlich kein Eszett gibt.
Allerdings übernehmen viele Medien die Schreibweise auch bei “Fußball-Weltmeisterschaft” (also ohne “FIFA” davor) mit ss, weil sie denken, sie müssten dies aus markenrechtlichen Gründen – was gelinde gesagt Quatsch ist.
Ausnahme ist natürlich die Schweiz, wo es auch weiterhin “Fussball, Grüsse, reissen, Mass, heissen” heisst, äh, heißt. (Und wo man Bier sowohl in Massen als auch in Massen geniessen kann.)
Interessant wird es aber in Deutschland bei Worten, die manche mit langem, andere aber mit kurzem Vokal aussprechen; prominentestes Beispiel ist wohl der “Spaß”, der in der Standardsprache offensichtlich einen langen Vokal hat, denn das Wort wird auch weiterhin mit ß geschrieben, wo aber viele einen kurzen Vokal haben und nach der neuen Regel “Spass” erwarten würden.
Der Duden behauptet hartnäckig, dass “Spaß” in Österreich mit kurzem Vokal ausgesprochen wird und deshalb “Spass” geschrieben werden darf. Ich persönlich habe das noch nie jemanden hier in Österreich so aussprechen hören. Erlaubt sind laut Duden beide Schreibweisen, ebenso bei “Geschoß” (Österreich, Süddeutschland) und “Geschoss”. In österreichischen Häusern gibt es also ein “Erdgeschoß”.
Kennt wer noch andere Wörter, bei denen beide Varianten, also ss und ß, möglich und erlaubt sind?
Schöne Grüße
Dagmar
Rechtschreibung ” Fussball / Fußball”.
In der Schweiz wird -ß- nicht verwendet.
Vielleicht noch im Buchdruck.
Leute, die sich wegen der Aussprache des “ß”
oder von “ss” einen Kopf machen,
sollten besser bei ganz normalen Wörtern
auf die Artikulation achten.
Bevor man in einem gesprochen Satz “ß”
oder “ss” heraushört, wird der Dialekt wahrgenommen.
Das gilt für den ganzen deutschsprachigen Raum.
Früher wurde statt Zucker, Zukker geschrieben.
Könnte ja wieder eingeführt werden.
Also, es geht auch ohne ß. Z.B. in Email-Adressen.
Mit freundlichem Gruss (!)
Hermann
Dieser ganzen Debatte liegt ein grundlegender Irrtum über das gedruckte Antiqua-Eszett zugrunde. Dieser ominöse Buchstabe, den die Schweizer abgeschafft haben, ist eine LIGATUR, das heißt, eine Zusammenziehung von zwei “s” aus ästhetischen Gründen. Im Italienischen der Renaissance schrieb man es in Wörtern wie “maßimo” und “serenißima”. Das ß hat auch im Deutschen ursprünglich überhaupt nichts mit der Länge oder Kürze des gesprochenen Vokals zu tun! Das war eine absolute Randerscheinung und eine kleine Hilfe im Schreibunterricht, aber der Zweck des ß war, ein Schluss-S zu sein und anzuzeigen, wo ein Sinnabschnitt in einer Wortverbindung lag. Zu Zeiten der Fraktur war das eine nicht zu unterschätzende Lesehilfe, zumal in der Fraktur das kleine “f” eine Ähnlichkeit mit dem langen “s” aufweist.
Warum nun heißt es “Eszett”? Das kommt daher, dass es in der Gotik ein kleines Schluss-S gab, das sehr viel Ähnlichkeit mit einem kleinen “z” hatte. Wenn man sich spätgotische Handschriften ansieht, wird man es finden. Es war nicht viel mehr als ein nach links geöffneter Bogen und wurde mit dem langen “s” zu einer Ligatur zusammengezogen. Später, in der von der spätgotischen Kanzleischrift abgeleiteten “Deutschen Schrift” und “Sütterlin”, verwendete man tatsächlich ein “z”, um es mit dem langen “s” zu koppeln. Die Herkunft von einem Doppel-S geriet in Vergessenheit.
Das ß wurde also, wie ich gezeigt habe, nicht als Lautanzeiger geschaffen, sondern lediglich von den ungebildeten Schöpfern der neuen Schreibung dazu ernannt. Deshalb ist es absolut korrekt, in einer Reihe von Großbuchstaben zu schreiben: “MASSGESCHNEIDERT”, “FUSSBALL” oder “FLOSSREISEN”. Wenn sich jemand daran stört, ist es jedem erlaubt, eine gemischte Schreibung statt Großbuchstaben zu verwenden.