Unpraktisch, aber richtig: ein 45-minütiger Ausfall

Wie an dieser Stelle schon häufig erwähnt, ist das Internet ein denkbar schlechter Ratgeber in Sachen Rechtschreibung. Gelegentlich spiele ich mich bei Google mit unterschiedlichen Schreibweisen herum, bei denen ganz klar ist, welche die richtige ist. Sehr oft gibt es für die falsche Schreibweise deutlich mehr Ergebnisse als für die richtige. Traurig, aber wahr.

Deshalb möchte ich bei häufig gesuchten Begriffen gegensteuern. Sobald die korrekte (oder auch falsche Schreibweise, siehe unten) des jeweiligen Begriffes gesucht wird, sollte der entsprechende Beitrag indexiert werden und für Aufklärung sorgen. Prinzipiell würde ich es begrüßen, dass die Leute als erste Anlaufstelle für die korrekte Rechtschreibung eher ein Nachschlagewerk als das Internet heranziehen, aber das ist wohl illusorisch. Selbst Sprachprofis geben mitunter unumwunden zu, dass sie keine Lust haben, im Duden zu blättern und deshalb schnell mal Google befragen. An dieser Stelle kann ich etwa die CD-ROM-Version des Duden empfehlen: funktioniert tadellos, geht mindestens so schnell wie Google und hat den entscheidenden Vorteil, dass die richtige Information geliefert wird. Aber wie gesagt: siehe oben. Das Internet wird sich wohl als zweifelhaftes Nachschlagewerk durchsetzen.

Die einzig richtige Art und Weise, einen Ausfall, der 45 Minuten lang dauert, in ein Adjektiv zu packen, ist folgende: ein 45-minütiger Ausfall. Falsch wären folgende Varianten: *ein 45 minütiger Ausfall, *ein 45-Minütiger Ausfall, *ein 45 Minütiger Ausfall, *ein 45minütiger Ausfall, *ein 45Minütiger Ausfall etc.

Interessanterweise liefert Google für einige der oben genannten Fantasievarianten ähnlich viele Ergebnisse wie für die korrekte Variante. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Google ist kein Nachschlagewerk für Rechtschreibung, wird aber dennoch laufend als solches verwendet. Ach, ich vermisse die Zeiten, als es im meiner Volksschule (= Grundschule) Geschwindigkeits-Wettbewerbe im Wörterbuchblättern gab.

Genug der Nostalgie. Warum ist nur die oben genannte Variante korrekt?

1. Adjektive schreiben sich klein. 45-minütig beschreibt das Substantiv Ausfall und ist damit ein Adjektiv, auch wenn es nicht unbedingt so eindeutig als solches identifiziert wird wie etwa schön in schönes Wetter.

2. Zusammensetzungen mit Ziffern verlangen immer nach einem Bindestrich. Siehe hier. Ausnahme: Nachsilben, etwa in 68er-Generation/68er Generation, wo zwischen der Zahl und der Nachsilbe -er kein Bindestrich stehen darf (und der Bindestrich zwischen der Nachsilbe und dem Substantiv auch noch optional ist, wie hier beschrieben). Gleiches gilt übrigens für Abkürzungen, also etwa immer die EU-Kommission und niemals die *EU Kommission.

3. Das war’s eigentlich auch schon. Wer Wert auf die ausgeschriebene Zahl legt, kann natürlich gerne fünfundvierzigminütiger Ausfall schreiben, wobei allerdings die Lesefreundlichkeit stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Übrigens ist minütig genauso zulässig wie minutig. Welche Variante gefällt euch besser?

11 Responses to Unpraktisch, aber richtig: ein 45-minütiger Ausfall

  1. Danke, damit ist es einmal auf den Punkt (Bindestrich?) gebracht. Diese unschönen Konstruktionen sieht man leider viel zu häufig.

    Ich persönlich lese lieber “minütig”, habe jedoch erst kürzlich feststellen müssen, dass es nicht auf jede andere Zeiteinheit anwendbar ist. Wie steht es mit “sekündig”? Der Duden bietet “sekündlich”; “sekündig” konnte ich jedoch nicht finden. (Google spricht da natürlich eine andere Sprache, aber… s.o.) Daher wurde es bei mir der “45 Sekunden lange Ausfall”.

  2. Hallo Andrea,

    mein Duden auf CD-ROM bietet ebenso “sekündlich” und “sekundlich”, wobei mir beide Formen etwas ungewöhnlich vorkommen. Analog zu “minütig”/”minutig” wäre “sekündig” denkbar; steht allerdings nicht im Duden. Tja, die Geheimnisse der deutschen Sprache … ich würde mich in diesem Fall auch für einen “45 Sekunden langen Ausfall” entscheiden.

    LG
    Dagmar

  3. Knorpel sagt:

    “minutig” kenn ich gar nicht. :)
    Die Frage, ob der Duden oder die Google-Ergebnisse recht haben, ist ja eigentlich die Frage, wer bestimmt, was richtig ist. Die Verordner oder die Schreiber. Bis 1996 gab es diesen Unterschied nicht, weil der Duden verzeichnete, was tatsächlich gesprochen bzw. geschrieben wurde.
    Nun macht der Duden Vorgaben, und wenn die Mehrheit der Schreibenden abweichende Schreibungen verwendet, liegt sie falsch.
    Ich finde, daß auch Schreibungen sich entwickeln können und müssen. Sprache und Schreibung sind ja nicht wie die Mathematik, in der 2+3 immer 5 ist, egal, ob die Mehrheit der Leute behaupten, das Ergebnis wäre 7. Wenn ein bedeutender Teil der Schreibenden *Füsik schriebe, könnte das kein Fehler mehr sein. Egal, was die Dudenredaktion sich dazu denkt.

  4. Knorpel sagt:

    Nachtrag: Allerdings habe ich mich sehr gewundert, was für seltsame Schreibungen Deinem Beitrag zufolge mehr Ergebnisse brachten als die Dudenkonformen.

  5. Soweit ich weiß, arbeitet der Duden seit Jahr und Tag sowohl deskriptiv als auch normativ.

  6. Knorpel sagt:

    Das stimmte, wie gesagt, bis 1996. Danach war Schluß mit dem “Duden-Monopol”.

  7. Ist das deine persönliche Einschätzung oder eine offizielle Information?

  8. Knorpel sagt:

    Es ist eine Information. Man kann es dort nachlesen, wo es um die Reform geht. Mal schauen, ob ich es im Netz irgendwo finde.

  9. Evalina sagt:

    Na ja,mir gefällt minütig auch besser..
    Es stimmt,kein Mensch blättert noch im Duden in Sachen Rechtschreibung.
    Ich habe allerdings beobachtet,dass es in den Schulen überhaupt nicht gefördert wird,dort flugs nachzuschlagen.Wenn das nich trainiert wird(wir machten es seinerzeit sogar um de Wette)so orientiert sich der Jugendliche nicht flott genug und dadurch wird die Sache für ihn zäh.
    Ich finde es ist eine Aufgabe von Schulen,die Kinder zu lehren,wo ich nachschlagen muss,wenn ich was nicht weiß.
    Keiner ist allwissend und gerade die Mankos und Zweifel machen den Menschen,frei nach Goethe,liebenswert.
    Grüß Gott alle miteinander:-)
    Evalina

  10. Aufschlussreiche Lektüre, vielen Dank.

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