Bitte mit scharf!
Nicht nur in Wien fällt auf, dass die Dichte der Kebab-Läden exponentiell zunimmt. Ob es bei der großen Konkurrenz eine gute Idee ist, den x-ten Kebab-Laden zu eröffnen und ob Banken JungunternehmerInnen einen Gefallen tun, wenn sie dafür Kredite lockermachen, ist eine andere Frage. Jedenfalls gibt es in meiner näheren Umgebung gefühlte 20 solcher Imbisse. Gelegentlich kaufe ich mir einen Kebab oder eine Döner-Box und zucke regelmäßig bei folgender Frage zusammen: „Mit scharf?”
Da ich es nicht über die Lippen bringe, „ja, bitte mit scharf” zu sagen, beschränke ich mich auf „ja, bitte”. So grammatikalisch unrichtig die Konstruktion auch ist, denn nach mit hat ein Substantiv oder ein Nominalausdruck (etwa „mit uns”) zu folgen, scheint sie sich doch langsam im Sprachgebrauch breitzumachen. Da und dort habe ich es auch von Leuten gehört, deren Muttersprache Deutsch ist und die ganz entschieden wissen, dass „bitte mit scharf” alles andere als astreines Deutsch ist. Sie verwenden die Formulierung wohl bewusst als geflügeltes Wort oder als Augenzwinkern in Richtung Kebab-Stand.
Wie geht es euch damit? Sagt ihr bewusst „ja, bitte mit scharf”? Alternativen wären vermutlich „ja, bitte mit Chili” (oder was auch immer da drübergestreut wird) oder „ja, bitte scharf würzen”. Glaubt ihr, dass sich „bitte mit scharf” langfristig im Sprachgebrauch durchsetzen wird?
Als ich das die erste Male hörte fand ich es noch lustig, mittlerweile sage ich dem netten Herrn vom Dönerstand konsequent “Ja, bitte scharf”; lasse das “mit” also geflissentlich unter den Tisch fallen. Meiner Meinung nach wird es sich vermutlich durchsetzen, sämtliche Freunde von mir, einige davon studieren mehrere Sprachen, verwenden es obwohl sie wissen, dass das nicht so ganz korrekt ist.
Da hilft nur es mit Humor zu nehmen, ähnlich wie bei “der Gerät” ^^
Lg
Ich sage niemals “mit scharf”, weil ich nicht scharf essen mag.
Zur Vertiefung des Themas empfehle ich den Sprachkurs “Imbissdeutsch”:
http://www.youtube.com/watch?v=ECWoPwPK864
Hallo Katja,
was für ein geniales Video – vielen Dank für den Link!
LG
Dagmar
In der Regel umgehe ich das Problem und bestätige mit einem knappen „Ja“, unterstützt von kurzem Kopfnicken, um auch bei problematischem Lärmpegel Misverständnisse zu vermeiden.
Wenn auch nicht ganz die gleiche Kategorie, jedoch vom gleichen Ort schmerzt mir auch jedes Mal die Frage „Mit Alles?“ im Ohr.
Ich finde das zwar auch immer wieder amüsant (und vor allem auch das “Mit Alles?”) aber ich halte es auch so, dass ich dann nur “Ja bitte” oder “Nein danke” sage.
))
Türkischstämmige Mitbürger haben mit den Artikeln und Fällen große Probleme, selbst wenn Sie gut Deutsch können – da sollten wir vielleicht ein wenig Nachsicht üben
Hallo,
so was ist einfach nur widerlich, aber kaum einen scheint es noch zu stören. Ist ähnlich beim Weglassen jeglicher Artikel. Verwunderlich finde ich auch, daß Deutsche diesen Irrsinn mitmachen oder gar bewußt anwenden, weil sie meinen, damit dann “in” zu sein. Da schützt heutzutage auch kein Abitur mehr. Die Sprache geht vor die Hunde
.
Gruß H.
“Türkischstämmige Mitbürger haben mit den Artikeln und Fällen große Probleme, selbst wenn Sie gut Deutsch können – da sollten wir vielleicht ein wenig Nachsicht üben
))”
>>Anscheinend nicht nur die, “Sie” ist hier sicher keine Anrede.
Wir üben viel zu viel Nachsicht. Wenn jeder, der besseres Deutsch spricht, sie einfach aufklären würde, würde viell. auch dort ein Umdenkprozess stattfinden. Aber nein, wir ahmen es noch nach und machen mit. Kein anderes Land der Welt wird seine eigene [Sprach-]Kultur so sehr verleugnen.
Gruß H.
Der Imbissdeutsch-Kurs ist klasse, kenne ich schon aus dem Radio – immer wieder schön!
Ansonsten “scharfes” Thema mal wieder: Auch wenn solch verbaler Quark für Anekdoten und Comedy eine Bereicherung sein mag – für die deutsche Sprache ist er langfristig keine. Daher bin ich ganz “H.”s Meinung. (Und verstehe auch nicht ganz, warum Du Deinen Namen nicht nennst und so Deine Meinung auf gewisse Art ebenfalls verleugnest – Angst vor einem Vorwurf in Richtung Political-Correctness? So stellt sich auch kein Umdenkprozess ein …)
Grüße
Iris
Lieber Herr oder liebe Frau H.,
“Sie” mag hier zwar keine Anrede sein, ein Artikel oder Fall ist es aber auch nicht
Das würde somit allenfalls andeuten, dass ich eventuell Schwierigkeiten mit der Groß- und Kleinschreibung hätte. Allerdings kann ich Ihnen (und hier absichtlich mit großem “I”) versichern, dass es lediglich ein Tippfehler war, der jedem passieren kann.
Was das Nachahmen der falschen Ausdrücke angeht, gebe ich Ihnen absolut Recht, dass wir das bleiben lassen und mit gutem Beispiel voran gehen sollten. Solche Ausdrücke selbst auch zu benutzen ist nicht in Ordnung. Denn wie sollen es diejenigen sonst lernen, die es nicht besser wissen?
Grüße
Hallo!
Kein Problem, ich sehe sehr oft großgeschriebene Personalpronomen – das regt mich dann immer sehr auf. Bin wohl zu viel in bildungsfernen soz. Netzwerken unterwegs. In der Sache sind wir uns ja sonst einig.
Aber in Sachen “Fälle” noch eine Bemerkung: Wenn ich sehe/höre, wie Bruce Darnell in der aktuellen DSDS-Staffel ständig “Dir” statt “Dich” verwendet, ohne daß ihn darauf mal jemand hinweist, wird einem klar, wie es um die dt. Sprache bestellt ist.
Ein wenig Vorbildcharakter würde sogar RTL gut stehen.
Gruß H.
Ich weiß zwar nicht, was das mit Rechtschreibung zu tun hat, aber ich würde, wenn mir daran liegen würde, die Sprachkenntnisse des Nicht-Muttersprachlers zu verbessern, antworten: Ja, bitte mit scharfer Soße!
Da ich aber weder scharfe Soße noch dem Türken seine Mangelhaftigkeit vorhalten mag, sage ich einfach “Nein” statt: “Nein, ich esse den Döner ohne scharfe Soße.”
Alle, die sich hier über den angeblichen Sprachverfall erregen und über Leute erheben, die ihrer Meinung für diesen verantwortlich sind, mögen bitte selbst beginnen, in vollständigen Sätzen zu sprechen. Dann fällt es auch dem Gegenüber leichter, die Grammatik richtig zu hören und später anzuwenden.
Aber wer an den Stand geht und sagt “Ein Döner!”, sollte sich lieber mit Sprachkritik zurückhalten.
“Alle, die sich hier über den angeblichen Sprachverfall erregen und über Leute erheben, die ihrer Meinung für diesen verantwortlich sind, mögen bitte selbst beginnen, in vollständigen Sätzen zu sprechen. Dann fällt es auch dem Gegenüber leichter, die Grammatik richtig zu hören und später anzuwenden.
Aber wer an den Stand geht und sagt “Ein Döner!”, sollte sich lieber mit Sprachkritik zurückhalten.”
>>Hallo!
Selbstverständlich gehe ich immer mit bestem Bsp. voran. Ich weiß nicht, wie Ihre Erfahrung mit der Jugend sind, aber es gibt große Anteile einer ganzen Generation, die dieses “Türkendeutsch” ohne Artikel usw. sogar nachahmen, weil sie sonst nicht anerkannt werden oder zumindest dieses befürchten. Nur wird das oft totgeschwiegen. Genau diese Menschen bewerben sich auf einen Ausbildungsplatz, und der zuständige Mitarbeiter weiß nicht, wen er überhaupt einstellen soll.
Gruß H.
Mit scharf finde ich lustig ist mir bei unserem Dönerstand noch nicht aufgefallen, ich werde aber beim nächsten mal aufpassen. Noch mehr bin ich bei der Formulierung “da wo” zusammengezuckt (besonders ist sie mir in Süddeutschland aufgefallen). Demnach müsste es also heißen “ja bitte mit da wo scharf”
Ich interpretiere den Ausdruck als “mit Scharf” — ich habe “Scharf” also als ortsüblichen Namen für die scharfe Soße interpretiert. Etwa, als hätte er gefragt: “Möchten Sie, dass ich Ihnen ein wenig Scharf über den Döner tue?”
Ebenso habe ich wenig Probleme mit “ohne Scharf” — damit bringe ich einfach den Wunsch zum Ausdruck, er möge den Zusatzstoff “Scharf” beim Zubereiten weglassen.
Meiner fragt auch immer: “Mit scharf?” Da er das “r” nicht spricht, mache ich mir dann ab und zu gerne einen Scherz daraus und antworte: “Nein, bitte mit Rind!”
Da schaut er dann etwas verdutzt drein!
@H.: Meine Erfahrungen mit der Jugend sind, daß alle ausreichend grammatisches Deutsch reden, so daß keine Gefahr besteht, daß es vor die Hunde geht und irgendwann so einfach ist, daß diese es zu sprechen beginnen.
Aber mal im Ernst: Sehen Sie wirklich die deutsche Sprache gefährdet, weil jemand sagt: “Bitte mit scharf”? Der Satz ist doch eindeutig, und er drückt in dem Kontext auch nicht weniger aus als: “Bitte schmieren Sie mir scharfe Soße in das Fladenbrot, lieber Herr Türke, bevor Sie das Fleisch und die anderen Köstlichkeiten mit ihm zum Döner Kebab vereinigen!”
Gefahr besteht doch, wenn Wörter ihre Bedeutung verlieren oder Differenzierungsmöglichkeiten abgeschafft werden. Das sehe ich in diesem Fall nicht gegeben.
Hallo zusammen, Hallo Iris,
hier einen Vornamen auszuschreiben, dürfte sicher nicht zu einer größeren menschlichen Nähe führen. Mir geht es um meine Aussagen, nicht um meine Person.
Mir ist auch klar, daß man hier viel reininterpretieren kann, aber denen, die meinen, daß das nur eine Randerscheinung ist, die man belächeln kann, die sollten sich mal mehr “auf der Straße” bewegen. Vergleichbar mit vielen Politikern, die nur in ihren Staatskarossen und in nobler Gesellschaft verkehren. Da würde es mir auch leicht fallen, all das auf die leichte Schulter zu nehmen. Aufgrund unserer Geschichte wird gerne alles totgeschwiegen, weil man ansonsten mundtot in die rechte Ecke gestellt wird – gerade als Politiker. Aber auch in sozialen Netzwerken begegnen mir oft nur heuchlerische Moralisten, die meinen, ein bessere Mensch zu sein, weil sie dort alles gutheißen und loben, was mit Migranten usw. zu tun hat. Allerdings hilft man niemandem damit – langfristig.
Gruß H.
Eine Kollegin, die einige Zeit in der Türkei gelebt hat, hat mir einmal gesagt, das Gewürz würde, wenn man es wörtlich übersetzt, “Scharf” heißen. Korrekt wäre also “Mit Scharf?”. “Mit alles” ist natürlich trotzdem falsch.
Danke für diese erhellende Information, Fifi!