Knifflige Kommafragen

Vor einiger Zeit erreichten mich zwei Kommafragen, die ich hier öffentlich behandeln möchte.

Konkret geht es um Infinitive mit zu, auch Infinitivgruppen genannt, über die ich bereits mehrfach geschrieben habe (etwa hier und  hier), in Verbindung mit und.

Ein Beispielsatz sah in etwa so aus:

Die Katzenmama ist zuversichtlich, ihre Blumen vor der Katze retten zu können(,) und reduziert ihre Wachsamkeit.

Wie die Klammern bereits andeuten, lautete die Frage, ob nach zu können ein Komma stehen muss. Das Entscheidende ist hier aber das Komma nach zuversichtlich: Es ist ein optionales Komma. Warum? Weil die Infinitivgruppe retten zu können weder mit einem Substantiv, einem hinweisenden Wort wie es noch einem der folgenden Wörter eingeleitet wird: um, ohne, statt, anstatt, außerals (nähere Ausführungen dazu siehe hier). Wenn es gesetzt wird, muss auch das zweite nach zu können gesetzt werden. Also entweder zwei Kommas oder gar keines. Die beiden möglichen Varianten lauten demnach:

Die Katzenmama ist zuversichtlich ihre Blumen vor der Katze retten zu können und reduziert ihre Wachsamkeit.

Die Katzenmama ist zuversichtlich, ihre Blumen vor der Katze retten zu können, und reduziert ihre Wachsamkeit.

Zweiter Satz:

Die Katze mobilisiert derzeit alle ihre Ressourcen, um ihr Verhalten zu ändern(,) und ihre Katzenmama glücklich zu machen.

Auch hier lautete die Frage, ob das eingeklammerte Komma stehen muss oder kann. Das erste Komma nach Ressourcen ist hier zwingend vorgesehen, weil sich die Infinitivgruppe auf dieses Substantiv bezieht. Das Komma nach zu ändern ist nicht korrekt, da es sich um eine Aufzählung mit und handelt. In diesem Fall besteht die Aufzählung nicht aus Substantiven oder etwa Hauptsätzen, sondern aus Infinitivgruppen (also Infinitiven mit zu).

Ich hoffe, ich habe diese kniffligen Fälle einleuchtend erklärt. Illustriert sind sie durch meine Haus- und Hofkatze Junia, die tatsächlich gerne an Blumen knabbert.

5 Responses to Knifflige Kommafragen

  1. Ich muss gaz ehrlich sagen, dass ich als gebürtiger Deutscher keine Probleme mit der Kommasetzung in der deutschen Sprache habe. Gerade beide Beispielsätzen im obrigen Beitrag erledige ich sozusagen im Schlaf. Es ist schon faszinierend, obwohl ich nie in Deutsch der Beste war, dass ich trotzdem gute Grammatikkenntnisse in der deutschen Sprache habe.

  2. Hallo Michael,

    das finde ich toll … und hat Seltenheitswert. Schließlich merke ich ständig, dass auch die Journalistinnen und Journalisten ausgewiesener Qualitätsblätter (etwa “Die Zeit”) erhebliche Probleme mit der Kommasetzung haben.

    Weiter so!

    LG
    Dagmar

  3. stephensken sagt:

    Aber mit der Konzentration beim Schreiben scheint es nicht zu klappen. (3 Fehler) Oder hast Du den Text auch im Schlaf geschrieben? :-)

  4. frenja sagt:

    Sehr schön verständlich erklärt, vielen Dank! Ich gehöre nicht zu denen, die der alten Rechtschreibung nachtrauern, aber bei den neuen Kommaregeln verliere ich wirklich den Überblick. Zum Glück darf man ja weiterhin alle Kommata setzen, die früher obligatorisch waren, also bleibe ich im Prinzip bei den alten Regeln und fahre damit ganz gut. Nur das Komma zwischen Hauptsätzen mit “und” oder “oder” lasse ich inzwischen meist weg, alle anderen neuen Regeln tragen meiner Meinung nach nicht zur Erhöhung des Lesbarkeit bei.

    Ganz im Gegenteil: Die erste Variante des ersten Satzes finde ich ganz furchtbar und hätte nie gedacht, dass das regelkonform ist. Solche Sätze muss ich zweimal lesen, bis ich die Teile im Kopf geordnet habe. Wo ist da der Sinn?

  5. Maria sagt:

    Hallo Dagmar,

    ich finde es auch sehr hilfreich.
    Aber ich bin mir trotzdem immer wieder unsicher.
    Hier habe ich ein paar Beispiele:

    1. Sie eine Königin zu nennen (,) würde daran nichts ändern. Ich würde kein Komma setzen.
    2. Dies vor ihm tun zu müssen (,)wollte sie schreien lassen. Hier würde ich eins setzen.
    3.Sie zu überwältigen(,) würde schwierig wenn nicht sogar unmöglich sein. Hier würde ich kein Komma setzen.
    4.Dies aus dem Munde der hübschen Frau
    zu hören(,) machte es nicht einfacher.
    Hier würde ich ein Komma setzen.
    Aber alles ist Bauchgefühl, ich tu mich noch schwer mit der Anwendung der Infinitivregeln.

    Liebe Grüße
    Maria

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