Tag Archives: Komposita

Der Blog oder das Blog?

Auch wenn dieser Eintrag für Deutschlernende am relevantesten ist, schadet es auch Muttersprachlerinnen nicht, sich der Genuszuweisung bei zusammengesetzten Substantiven, also Komposita, bewusst zu werden.

Die grundlegende Regel ist die, dass das so genannte Zweitglied das Genus des gesamten zusammengesetzten Wortes bestimmt.
Beispiele:
das Haus + die Arbeit = die Hausarbeit
der Flug + das Zeug = das Flugzeug
die Biene + der Stock = der Bienenstock

Genauso verhält es sich bei Komposita, die aus Fremdwörtern bestehen, also zum Beispiel Blog, der zusammengezogenen Form vom englischen web (deutsch das Web)  und vom ebenso englischen logbook (deutsch das Logbuch).  Es tun sich also zwei sächliche Substantive zusammen. Aufmerksame Leserinnen werden sich jetzt fragen, warum ich dennoch immer der Blog schreibe. Grammatikalisch ist das unsinnig, aber vom Duden immerhin erlaubt. Ich kann keine andere Erklärung als die anbieten, dass sich in Österreich der Blog ganz klar durchgesetzt hat, genauso wie das E-Mail. Außerdem klingt in meinen Ohren der Blog besser als das Blog, aber das ist in der Regel ein eher schlechtes Argument: Schließlich wird hier in Österreich gerne das Monat und das Teller gesagt, was offensichtlich in den betreffenden Ohren gut und richtig klingt …

Warum ist ein “Ball-taugliches Kleid” orthografisch untauglich?

In letzter Zeit sind mir falsch geschriebene Adjektive, zusammengesetzt aus Substantiv (also Hauptwort) und Adjektiv (also Eigenschaftswort), aufgefallen. Ein *Ball-taugliches Kleid ist in dieser Form falsch geschrieben, ebenso eine *Grippe-ähnliche Erkrankung. Gleiches gilt für *Nobelpreis-verdächtig.

Warum man wiederum die Verbindung zwischen Adjektiv und Partizip mal so und mal so schreibt, also etwa Not leidend/notleidend, aber nur schneebedeckt, hatte ich bereits in diesem Beitrag beschrieben. Dabei handelt es sich um ein zugegebenermaßen schwieriges Thema.

Bevor ein zusammengesetztes Wort zu Papier gebracht wird, sollte also immer überlegt werden, aus welchen Wortarten es besteht. Denn: Ist das Erstglied ein Substantiv und das zweite Glied ein Adjektiv, ist es ganz einfach: Es wird zusammen- und kleingeschrieben. Das liegt daran, dass im Deutschen Adjektive (Ausnahmen unten) stets klein, zusammen und ohne Bindestrich geschrieben werden. Das Adjektiv balltauglich ist auch nichts anderes als heiser, müde oder krank. Auch wenn das Erstglied aus zwei Substantiven besteht, nämlich hier Nobelpreis, gilt das gleiche Prinzip der Zusammen- und Kleinschreibung. Es gilt, sich nicht davon irritieren zu lassen, dass am Anfang ein Substantiv steht. Grammatikalisch ist nobelpreisverdächtig ganz klar ein Adjektiv. Gleiches gilt etwa für bienenfleißig, kinderfreundlich und feuerfest.

Erste Ausnahme: Werden Kurzwörter, Einzelbuchstaben oder Ziffern mit einem Adjektiv verbunden, muss ein Bindestrich stehen:
x-beliebig, 17-jährig, EU-konform

Zweite Ausnahme: Wenn sich zwei Adjektive zusammentun und sie mit und oder zwischen verbunden sein könnten, muss ein Bindestrich gesetzt werden:
ein kalt-warmes Büffet (Büffet mit warmen und mit kalten Speisen)
die österreichisch-ungarische Grenze (Grenze zwischen Österreich und Ungarn)

Auch wenn nasskaltes Wetter sowohl nass als auch kalt ist, wird das Adjektiv als semantische Einheit verstanden und deshalb zusammengeschrieben, ohne Bindestrich.

Aber: hellblau, dunkelrot etc., weil hier nicht und zwischen den beiden Elementen stehen könnte.

Faschingsdienstag, Faschings-Dienstag, *Faschings Dienstag?

Es ist wieder so weit: Heute ist Faschingsdienstag und der will gefeiert werden! Aber bevor wir die Kostümierung anlegen, überlegen wir doch kurz, wie sich dieser Tag korrekterweise schreibt. In der Überschrift stehen drei Varianten. Ich hoffe sehr, dass euch die erste am besten gefällt und die letzte Variante gar nicht. Ein Sternchen davor bedeutet immer: falsch!

Wie ich immer wieder gerne wiederhole, werden zusammengesetzte Substantive im Deutschen in der Regel zusammengeschrieben. Bei besonders langen und unübersichtlichen Zusammensetzungen (auch Komposita genannt) kann auch ein Bindestrich gesetzt werden. Aber wenn ein so genanntes Fugen-s zwischen den beiden Wörtern steht (wie hier bei Fasching + Dienstag = Faschingsdienstag), wird die Zusammenschreibung ohne Bindestrich bevorzugt. Wer mag, kann auch Faschings-Dienstag schreiben. Der allgemeine Sprachgebrauch tendiert allerdings ganz klar zu Faschingsdienstag. Ganz falsch wäre *Faschings Dienstag, eben weil die Getrenntschreibung von zusammengesetzten Substantiven im Deutschen nicht möglich ist.

In diesem Sinne: viel Spaß am heutigen Faschingsdienstag!

Von deutschen Adventskalendern und österreichischen Adventkalendern

Aus gegebenem Anlass: Warum sagt man in Österreich Adventkalender und in Deutschland Adventskalender? Das liegt an der unterschiedlichen Verwendung des so genannten Fugen-s. Dieses s steht zwischen mehreren Wörtern, die gemeinsam ein Kompositum ergeben. Meistens sind das Substantive, Infinitive, Adjektive etc. Beispiele: Museumsleiterin, freiheitsliebend, hoffnungsvoll.

Die Verwendung des Fugen-s ist eine relativ komplizierte Angelegenheit und auf mehreren Seiten beispielsweise im Duden-Band Nr. 9 nachzulesen. Es gibt Fälle, wo kein Fugen-s verwendet wird, wie z. B. bei Zusammensetzungen mit femininen Fremdwörtern, die auf -ur oder -ik enden:
Kulturfilm, Naturkunde, kritiklustig

Während die Behörden bei den Steuern das Fugen-s einsparen und Einkommensteuer sagen, ist beim gemeinen Volk die Schreibweise Einkommenssteuer durchaus korrekt und üblich. Wenn der zweite Bestandteil des Kompositums das Wort Straße ist, ist die Schreibung mit oder ohne Fugen-s korrekt: Bahnhofstraße oder Bahnhofsstraße.

Und wie ist das nun mit dem deutschen Adventskalender und dem österreichischen Adventkalender?
Bei Zusammensetzungen mit Advent schreibt der Duden, dass ein Fugen-s zu stehen hat, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass diese Wörter in Österreich ohne Fugen-s geschrieben werden.

In diesem Sinne: schöne Weihnachtszeit, da wie dort mit Fugen-s!